Veröffentlicht in BW-Agrar, Ausgabe 47/2023, Rechtsanwalt Oliver Munz.

Nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollen bis Ende 2030 in Deutschland 115 Gigawatt Windenergie an Land installiert sein. Mit dem Koalitionsvertrag hat die amtierende Bundesregierung sich das Ziel gesetzt, für die Windenergie an Land zwei Prozent der Landesfläche hierfür zur Verfügung zu stellen, die hierfür auszuweisen ist. Aufgrund dessen kann es sein, dass auch Sie von einer Projektgesellschaft angesprochen werden, ob Sie nicht Teil eines sogenannten Pools für die Anlegung einer oder mehrerer Windenergieanlagen (im Folgenden: WEA) werden möchten. Baden-Württemberg ist in Bezug zu zusammenhängenden landwirtschaftlichen Eigentumsflächen ein kleingliedriges Bundesland mit meistens vielen unterschiedlichen Eigentümern in einem jeweils kleinen regionalen Gebiet.

Als Pool wird damit eine solche Gemeinschaft von Grundstückseigentümern beschrieben, die in ein Projekt zusammengefasst werden. Ein Pool kann damit aus 2 oder auch aus 30 oder mehrere Grundstückseigentümer bestehen. Eine Projektgesellschaft benötigt dabei zur Errichtung einer WEA Verträge mit den direkt betroffenen Grundstückseigentümern, auf deren Flächen der Standort der WEA sein wird (ca. 4.000 – 10.000 m²), sowie mit denjenigen Grundstückseigentümern, die von der Rotorüberflugfläche betroffen sind (ca. 1 – 4 Hektar je nach Anlagengröße und Aufstellungsanordnung der WEA) und mit denjenigen Grundstückseigentümern, die eine Grunddienstbarkeit für Abstandsflächen und ähnliches einzutragen haben (je nach Größe der WEA: ca. 10 – 25 Hektar) damit das Projekt durchgeführt werden kann, wobei diese angegebenen Größen je nach Projekt auch abweichen können.

Das Pool-Gebiet beschreibt dabei den später noch auszuweisenden Bebauungsplan, der notwendig zur Errichtung einer WEA mit einer oder auch mehreren Anlagen in diesem Gebiet ist.

Einzel- oder Pool-Verträge

Werden Sie von einer Projektgesellschaft angesprochen, so kann es je nach Projektgröße sein, dass nur ein Eigentümer oder sehr wenige betroffen sind. Dann werden regelmäßig die Verträge einzeln mit den jeweiligen betroffenen Eigentümern der benötigten landwirtschaftlichen Flächen ausgehandelt.

Bei anderen – vor allem größeren – Projekten mit mehreren WEA können in Baden-Württemberg je nach Region jedoch auch 40 oder mehr Eigentümer betroffen sein. Da mit jedem betroffenen Eigentümer innerhalb dieser Pool-Gemeinschaft ein Vertrag abgeschlossen werden muss, versuchen die Projektgesellschaften oftmals auch. Pool-Verträge abzuschließen.
Einen solchen Vertrag zeichnet sich dadurch aus, dass ein jeweils gleicher Vertrag mit allen jeweiligen Beteiligten abgeschlossen werden soll, der sich von anderen abgeschlossenen Verträgen innerhalb der Pool-Gemeinschaft nicht unterscheidet. Auch wenn jeder der betroffenen Eigentümer einen einzelnen Vertrag unterschreibt, so gleicht ein Ei dem anderen, weil es ansonsten für eine Projektgesellschaft organisatorisch nicht darstellbar wäre, wenn jeder der Eigentümer der betroffenen Flächen einen unterschiedlichen Vertrag mit anderen Klauseln hätte.
Meistens ist es in den Pool-Verträgen direkt in der Überschrift oder im Vertrag angemerkt, dass es sich um einen Pool-Vertrag handelt. Falls es nicht auf den ersten Blick ersichtlich sein sollte und die Projektgesellschaft keinerlei Angaben zu dem Projekt gemacht hat, ist es wichtig, das Gespräch mit der Projektgesellschaft zu suchen und zu erfahren, wie viele Grundstückseigentümer betroffen sind.

Pool-Vertrag: Gemeinsam eine bessere Verhandlungsposition

Sehr wichtig ist es in demjenigen Fall, dass es sich um ein Pool-Gebiet mit mehreren Grundstückseigentümern handelt, sich mit den Grundstückseigentümern zusammenzufinden und eine Gemeinschaft zu bilden. Der Hintergrund ist derjenige, dass zum einen der Austausch zwischen den Grundstückseigentümern sehr wichtig ist und zum anderen, dass mit der Kraft der Gemeinschaft ein gemeinsamer Vertrag mit der Projektgesellschaft auf Augenhöhe verhandelt werden kann.
Würde nur ein einzelner Grundstückseigentümer auf eigene Faust innerhalb eines Pool-Gebietes versuchen, den Vertrag zu verhandeln, so wäre die Erfolgswahrscheinlichkeit für eine für den Grundstückseigentümer positive Änderung des Vertrages als sehr gering einzuschätzen. Mit der Kraft der Gemeinschaft kann ein Sprecher von der Gemeinschaft gewählt werden, der in der Verhandlung für die Gemeinschaft spricht. Dieser Sprecher sollte nun in Abstimmung mit der Gemeinschaft einen auf Erneuerbare-Energien spezialisierten Rechtsanwalt beauftragen, der den komplexen Vertrag prüfen kann. Die Vertragsprüfung nimmt dabei je nach Vertrag 2 – 3 Werktage an Arbeitszeit für den spezialisierten Juristen in Anspruch und die Vorlaufzeit beträgt oft mehrere Wochen und Monate, sodass die Suche nach einem geeigneten Spezialisten und Anwalt bereits in einem frühen Stadium erfolgen sollte. Für die Vertragsprüfung alleine werden dabei Kosten im Regelfall in mindestens vierstelliger Höhe entstehen, die jedoch unter den Grundstückseigentümern aufgeteilt werden können und als NOTWENDIGE KOSTEN anzusehen sind. Die Verträge sind hochkomplex und viele Rechtsanwälte prüfen solche Verträge auch nicht, weil es sich hier um ein Spezialgebiet handelt. Einen Vertrag ohne detaillierte juristische und für jeden einzelnen Eigentümer betreffende zusätzliche steuerliche Prüfung zu unterschreiben kann nicht empfohlen werden und ist schlichtweg fahrlässig.

Neben der Höhe von Umsatzbeteiligungen und Mindestnutzungsentgelten sowie der Aufteilung derselben innerhalb des Pool-Gebietes gibt es viele weitere wichtige Klauseln, die einer besonderen Prüfung und oftmals auch einer Änderung im Vertrag bedürfen, wie z.B. Regelungen für den Baubeginn, Entschädigungen für Wege/Leitungen/Flurschäden, Einmalzahlungen, Grundbucheintragungen und Grundbuchaustragungen, Kündigungs- und Rücktrittsmöglichkeiten, Abtretung von Rechten und des Vertrages durch die Projektgesellschaft an einen Dritten, Regelungen in Bezug zur finanzierenden Bank, der Haftung und dazugehörige Versicherungssummen, Rückbaumodalitäten und Bürgschaftserklärungen, die den Rückbau absichern usw.

Verträge juristisch absichern lassen

Sobald die Prüfung des Juristen beendet ist, sollte ein erster gemeinsamer Verhandlungstermin mit der Projektgesellschaft, dem Sprecher und dem beauftragten Juristen stattfinden, sodass in dieser ersten Runde der Vertrag verhandelt wird. Meistens folgt aus dem ersten Verhandlungstermin ein weiterer Austausch mit mehrfachem Schriftverkehr oder weiteren Gesprächen zwischen der Projektgesellschaft, der Pool-Gemeinschaft und dem beauftragten Juristen, um noch offene Punkte zu diskutieren, sich zu einigen und den Vertrag unterschriftsfertig zu gestalten.

Dieser ausgehandelte Vertrag wird dann zwischen jedem einzelnen Eigentümer der Pool-Gemeinschaft und der Projektgesellschaft abgeschlossen, sodass jeder Eigentümer denselben Vertrag unterschreibt.

Wichtig zu wissen ist, dass es passieren kann, dass man aufgrund von Abweichungen des später noch zu beschließenden Bebauungsplans trotz des unterschriebenen Vertrages man nicht Teil des ausgewiesenen Pool-Gebietes wird. In diesem Fall ist es sinnvoll, dass im Pool-Vertrag ebenso geregelt ist, dass man das Recht hat, die vielleicht schon erfolgte Grunddienstbarkeit wieder auszutragen und der betroffene Eigentümer den Vertrag kündigen darf. Dieser wichtige Umstand wird in vielen WEA-Verträgen nicht richtig beachtet oder schlichtweg vergessen. Das heißt, dass man sich letzten Endes als Grundstückseigentümer bis zur Feststellung des rechtskräftigen Bebauungsplans nicht sicher sein kann, Teil des Pool-Gebietes zu sein. Aufgrund dieser Überlegungen und Umstände der notwendigen Zusammengehörigkeit des Pools für eine oder mehrere WEA in einem regional zusammengehörenden Gebiet ist es für alle betroffenen Eigentümer sehr zu empfehlen, sich zusammenzuschließen, gemeinsam aufzutreten, den Vertrag mit der Projektgesellschaft zu verhandeln und einen für beide Seiten gewinnbringenden Vertrag zu schließen. Denn letzten Endes sitzen alle im selben Boot.