Veröffentlicht in BWAgrar, Heft 22/2023, Rechtsanwalt Oliver Munz.

Allgemeines zu Photovoltaik-Verträgen

Einen Photovoltaik-Freiflächen-Vertrag (PV-FFA) oder Solarkraftwerk-Vertrag vorgelegt zu bekommen ist mit entsprechenden Umsatzerwartungen verbunden. Vor der Unterschriftszeichnung sollte jedoch ein solch komplexer Solarpark-Vertrag juristisch und steuerlich geprüft werden, denn obwohl meistens viel Druck von der Projektiererseite ausgeübt wird, so ist das Leisten der Unterschrift ohne entsprechende Prüfung und Verhandlung des Vertrages sehr fahrlässig und mit später auftretenden Problemen verbunden, die die vertragliche Prüfungskosten leicht um einiges übersteigen können. Für das Prüfung eines solchen Vertrages für Photovoltaik-Nutzungsverträge werden zwischen 8 – 16 Stunden realistisch angesetzt. Nach der Prüfung dauern die meisten Verhandlungen mit der Projektgesellschaft zwischen 4 – 10 Gesprächsstunden und macht eine gewisse Nachbereitungszeit zur Fertigstellung des Vertrages notwendig. Bereits die Prüfungszeit und Verhandlungszeit sowie die von mir entsprechend umfachreiche auch schriftliche Beratung zum Nachlesen mit zwischen 25 – 35 DinA-4 Seiten lassen erahnen, dass in diesen Verträgen viel Verbesserungspotential und Verhandlunspotential liegen, auch wenn manche Projektgesellschaften gerne sagen, dass der Vertrag schon ein Dutzend Mal vom Bauernverband geprüft worden ist. Ein jeder Vertrag ist individuell und auch von Projektgesellschaft zu Projektgesellschaft können PV-FFA-Verträge je nach Team unterschiedlich sein, sodass die Prüfung stets eine Notwendigkeit darstellt.

Schließlich soll ein solches großes Projekt mit einer Laufzeit zwischen 20 – 40 Jahren auf einer stabilen und festen Basis stehen und die jeweiligen Umsatzhöhen abdecken, sodass die Beratungszeit und Beratungskosten ein sehr gut angelegtes Investment für den eigenen Erfolg darstellt.

Wichtige Vertragsinhalte

Meistens besucht eine Projektgesellschaft einen Grundstückseigentümer oder Landwirt und spricht ihn oder sie auf die mögliche Verpachtung einer der Flächen an, die sich für die Errichtung einer Photovoltaik-Freiflächen-Anlage sehr eignen würde. Dabei handelt es sich jedoch nicht um klassische Pachtveträge, die jeder Landwirt kennt, sondern diese Art der Verträge sind Gewerbemietverträge mit eigenen juristischen Regelungen und einer „eigenen“ Rechtssprechung, sodass sich diese beiden Vertragsarten nicht vergleichen lassen.

Auch wenn es eine Vielzahl von Vertragsinhalten gibt und jede Projektgesellschaft ihren ganz eigenen Vertrag hat und eigene Regelungen bevorzugt, so gibt es gewisse Eckpunkte, die in jedem Vertrag (für den Grundstückseigentümer und „Verpächter“ mal eher gut, mal eher schlecht) vorhanden sind:

  1. Vertragsinhalt

Kernelement ist der Vertragsinhalt, also wozu wird die Fläche benötigt. Natürlich für die Anlegung von Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen, jedoch gibt es auch Besonderheiten: Soll die Fläche für Ausgleichsmaßnahmen / Ersatzmaßnahmen herangezogen werden, die sich vielleicht zu einem Biotop entwickeln können und nicht mehr rückbaubar sind? Sind Energiespeicher oder Batteriespeicher genannt?

Die meisten Anlagengrößen reichen dabei von zwischen 3 – 25 Hektar und haben im süddeutschen Raum oftmals eine Größe von 7 – 8 Hektar im Mittel.

2. Zustandsbeschreibung

Es ist für beide Parteien wichtig, vor Baubeginn den Zustand der Fläche zu beschreiben und zu dokumentieren, damit man weiß, wie die Flächen vor Baubeginn ausgehen haben, denn nach 20 – 40 Jahren lässt sich dies im Zweifel recht schlecht nachvollziehen, wie die Flächen anfangs gewesen waren. Bodenproben auf Schadstoffe, Altlasten und Kontamination machen ebenso vor Baubeginn Sinn, um festzustellen, dass der Boden vor Baubeginn mangelfrei gewesen war. Dies sollte ebenso im Vertrag verankert werden.

3. Vor Baubeginn

Es sollte der Zeitpunkt für die Errichtung der Anlage abgestimmt werden und es sollten die Ernteausfälle vergütet werden, die durch den Baubeginn möglicherweise entstehen.

4. Einstufung der Fläche: Grunderwerbssteuer in Baden-Württemberg

In B-W wird die Freiflächen-PV mit einem Gewerbegebiet gleichgestellt, sodass hier die Grundsteuer sich von Grundsteuer A (Landwirtschaftliche Flächen) zu Grundsteuer B (Privat-Fläche) umwandelt, was zu einer erhöhten Steuerlast der Fläche in der Grundsteuer führt und deswegen zu regeln gehört.

5. Nutzungsentgelt

Es gibt hier mehrere Varianten in der Ausgetaltung des Nutzungsentgelts. Es gibt die Möglichkeit, das Nutzungsentgelt (umgangssprachlich und auch nicht ganz richtig: „Pacht“) als feste Zahlung zu vereinbaren, umsatzbeteiligt zu sein oder eine Umsatzbeteiligung am Stromerlös zu haben und abgesichert zu sein mit einer Mindestnutzungsvergütung. Ebenso kann daran gedacht werden, bei hohen Stromerlösen eine Mehrerlösbeteiligung hineinzuverhandeln, um hier als Grundstückseigentümer zu profitieren. Gut wäre es ebenso, das jeweils feste Nutzungsentgelt mit einer Inflationsklausel gegen Inflation abzusichern.

6. Kabel- und Erdarbeiten

Es ist wichtig, dass der Grundstückseigentümer und/oder Landwirt einen Lageplan schriftlich ausgehändigt bekommt, um zu wissen, wo Kabel im Boden vergraben sind, die vielleicht die Bewirtschaftung der Fläche behindern. Die Kabel sollten mindestens 1,00 – 1,20 Meter Tiefe haben, bei bestimmten Sonderkulturen wie „Spargel“ sind sogar mindestens 1,60 Meter ab Bodenoberkante notwendig.

7. Unterverpachtung oder Unternutzung

Hier sollte dem Landwirten ein Veto-Recht eingeräumt werden, damit man stets weiß, wer die PV-Anlage nutzt.

8. Sicherheiten und Finanzierung

Nachdem viele Projektgesellschaften mit sehr wenigen Ausnahmen die Errichtung der PVA finanzieren lassen, möchte sich die Bank ein Sicherungsrecht eintragen lassen und möchte ebenso neben der Projektgesellschaft in das Grundbuch mitaufgenommen werden oder ein direktes Eintrittsrecht haben. Dies ist oft ein strittiger und diskussionswürdiger Punkt, denn eigentlich wird die Bank ja kein Vertragspartner.

9. Haftung und Versicherungssummen

In vielen Verträgen wird zwar die Haftung angesprochen, ist jedoch nur sehr unzureichend oder zu Ungunsten des Grundstückseigentümers geregelt, was man auf dem ersten Blick gar nicht so leicht feststellen kann. Hier bedarf es eine sehr detaillierte und genaue Prüfung des Vertrages, sodass der Grundstückseigentümer so weit wie möglich aus der Haftung ausgeschlossen wird. Ebenso liegt ein besonderes Augenmerk auf die notwendigen Versicherungen und die Versicherungshöhen – denn eine reine Haftpflichtversicherung der Projektgesellschaft ist nicht ausreichend.

10. Übertragungsrechte der Projektgesellschaft und Veräußerungsmöglichkeit der Freiflächen-Anlage

Nahezu alle Verträge haben Übertragungsrechte und Veräußerungsmögichkeiten für die Projektgesellschaft inne. Hier gilt es zu besprechen, welche Veto-Rechte der Grundstückseigentümer hat, um ihn vor zukünftigen Vertragspartnern zu schützen, die er im Moment des Vertragsschlusses noch nicht kennt.

11. Optionsrecht

Es ist im Moment wegen der aktuellen Lage des Steuerrechts notwendig, ein Eintrittsrecht in die Projektgesellschaft / Betreibergesellschaft als GmbH & Co.KG zu erhalten. Dabei ist es sehr wichtig, den Optionsrechtsvertrag und auch den Gesellschaftsvertrag genau zu beleuchten, denn manchmal sind dort Klauseln geschrieben, die als Folge viel Geld kosten können – beispielsweise kann es sein, dass im Gesellschaftsvertrag gefordert wird, einen Ehevertrag geschlossen zu haben, der die Beteiligung bei einer Scheidung ausschließt. Da Eheverträge vor einem Notar abgeschlossen werden müssen, kann die Erstellung eines solchen Ehevertrages mehrere tausend Euro kosten.

12. Rückbau und Bürgschaften

Wichtig ist, dass der Rückbau richtig geregelt ist, was in manchen Verträgen ebenso zu kurz kommt. Dabei spielt auch das Thema der Bürgschaft eine Rolle und wie diese im Speziellen ausgestaltet ist: Reicht eine von der Gemeinde oder Kommune geforderte Bürgschaft tatsächlich aus oder sollte lieber auf die selbstschuldnerische Bürgschaft hingearbeitet werden?

13. Abschließendes

Dies war nur eine kleine Aufzählung der Punkte, die in einem für beide Seiten guten und gewinnbringenden Photovoltaik-Freiflächen-Vertrag beachtet und verhandelt werden müssen. Es spielen viele weitere Themen eine Rolle, wie zum Beispiel Kündigungsrechte, Grundbuchrechte, Austragungsrechte von Grunddienstbarkeiten, und vieles mehr, sodass auch hier dieser Artikel nur einen ersten Überblick bieten kann. Jeder Vertrag sollte individuell betrachtet, geprüft und verhandelt werden, um so einen Vertrag zu schließen, der für beide Seiten eine langjährige Basis für eine gute Zusammenarbeit bietet und die entsprechenden Umsatzhöhen und -möglichkeiten auf beide Seiten beachtet. Wenden Sie sich gerne bei Fragen rund um die Vertragsprüfung unverbindlich und kostenfrei an mich, Oliver Munz (Rechtsanwalt).